Geschichte des Bürgerturms

Bau der ersten Wehranlage

Auf Veranlassung von Herzog Ludwig (später Kaiser Ludwig der Bayer) wurde ab 1320 die erste Wehranlage errichtet. Sie bestand aus zwei vermutlich wassergefüllten Gräben und einer hölzernen Palisade, zum Schutz des kleinen bäuerlichen Marktfleckens Scrobinhusen. Während des schwäbisch-bayrischen Städtekrieges wurde 1388 der Markt und die hölzerne Wehranlage niedergebrannt.

Zweite, verbesserte Wehranlage

Zur Finanzierung einer neuen Stadtmauer, genehmigte Herzog Stephan III. (der Prächtige) den Schrobenhausenern 1403, eine Wein- und Salzniederlassung zu errichten. Sein Sohn Ludwig der Gebartete (Ludwig VII., ab 1413 Herzog von Bayern-Ingolstadt) förderte weiterhin den Bau einer Wehranlage. Hierfür wurden extra Ziegeleien in der Rainerau, Steingriff und Mantelberg gegründet, um die zerstörte Wehranlage und die abgebrannten Häuser mit Ziegeln wieder aufzubauen.

Die neue Wehranlage mit einer 6 Meter hohen Mauer hatte 12 Volltürme, 12 Halbtürme und mehrere Pulvertürme. Ein hölzerner durchgängiger Wehrgang hatte an jedem Turm einen Aufgang.

Bedeutungslosigkeit

Über 400 Jahre schützte diese Wehranlage vor Angriffen der immer wieder durch die Lande ziehenden Soldateska und anderem Kriegsvolk. Nachdem die Wehranlage durch die große Reichweite von Feuerwaffen ihren Sinn verlor, wurde um 1870 begonnen, die beiden Tortürme und weitere Teile der Wehranlage abzureißen.

Man sollte aber bedenken, daß es Schrobenhausen ohne die Wehranlage heute vermutlich nicht mehr gäbe, denn nicht nur im dreißigjährigen Krieg wurden ganze Landstriche verwüstet und ihre Bewohner ermordet oder vertrieben.

Nutzung des Bürgerturms als Gefängnis

Seit wann der sogenannte Bürgerturm als Fangknus, also als Gefängnis, genutzt wurde, ist nicht bekannt, aber im 16. Jahrhundert sprach der Stadtrichter die „Turmstrafen“ aus. Danach übte diesen Rechtsakt der Magistrat (Stadtrat und Bürgermeister) aus. Es sind sogar noch interessante Ratsprotokolle aus dem 18. Jahrhundert erhalten. Die Wachstube befand sich im Erdgeschoß und im nur 1,5 m hohen Keller war die Arrestzelle. Aufgrund der nur geringen Höhe ist verständlich, warum in den Protokollen das Absitzen der Strafe als „Einliegen“ bezeichnet wurde.

Nutzung als Wohnung

Aufgrund der Reformen in Bayern unter Montgelas, zu Beginn des 19. Jahrhundert, verlor der Bürgerturm seine Bestimmung als Arrestzelle. Um ihn als Wohnung zu nutzen, wurde er 1845 deshalb um ein Stockwerk erhöht und baulich stark verändert. Auch die Stadtmauer wurde neben dem Turm durchbrochen, um den Bewohnern außerhalb der Stadtmauer nicht nur für den Kirchgang den Umweg über die beiden Tortürme zu ersparen.

Bis 1994 diente der Bürgerturm als Wohnstätte.

Renovierung

Nachdem der stark heruntergekommene Turm von den „Frommen Rotten“ 1995 übernommen wurde, begannen wir mit Unterstützung des Stadtbauhofes sowie vielen Spendern, den Turm innen und außen grundlegend zu renovieren, auch wenn mit Warnungen und Spott vor dem „alten Glump“ nicht gespart wurde. Mehr als 1600 Arbeitsstunden waren nötig, um 25 Kubikmeter Erdreich ohne Maschinen zu bewegen, das Mauerwerk zu unterfangen, den zugeschütteten Arrestkeller wieder auszuheben, Beton zu entfernen, sowie für die Nutzung eine Elektroinstallation, eine Küchennische sowie eine außenliegende Toilette einzubauen.

Anhand einer Vorlage aus dem 15. Jahrhundert wurde die Außentüre und der Türstock neu errichtet. Bei der Renovierung wurde ein Fenster aus dem 16. Jahrhundert freigelegt, nach dessen Muster die Fenster gestaltet und mit bereits damals üblichen Butzenscheiben versehen wurden. Nachdem auch ein Kerzenhalter nach historischem Vorbild geschmiedet und auch historische Waffen organisiert wurden, konnte im Juli 1996 die Einweihung groß gefeiert werden.

Protokolle über Verurteilungen

Es sind noch einige Ratsprotokolle erhalten, die zu einer „Thurn Straff“ führten. Beispielsweise 1758 wegen Störung der sonntäglichen Ruhe durch Krauthacken – sollte man vielleicht wieder einführen.

Ratsprotokoll 1758-gr